Harald Dietzmann
Harald Dietzmann ist Bürgermeisterkandidat der SPD.

Eine erfolgreiche Bilanz - ein Blick zurück oder „Aller Anfang war schwer“
von Harald Dietzmann


Die „neue“ Eingleisigkeit“ – praktizierte Bürgernähe

Mit dem Start in das Bürgermeisteramt im November 2001 galt es für mich zunächst die sogenannte „Eingleisigkeit“ zu etablieren. Die Zusammenführung der bis dahin getrennten Ämter „Verwaltungsleitung“ und „Repräsentation“ war für alle Beteiligten – Bevölkerung, Politik, Verwaltung und Bürgermeister – ungewohnt bzw. gewöhnungsbedürftig. Schnell konnte ich aber spüren, dass die neue Eingleisigkeit auf große Akzeptanz treffen würde und gemeinsam die Vorteile – insbesondere die bürgernahe Verwaltung – gehoben werden könnten.

Es brauchte nicht allzu viel Zeit, um festzustellen, dass es sich um einen bestens gelungenen Übergang gehandelt hat. Wichtig ist für mich als Bürgermeister bis heute ein hoher Präsenzgrad in der Öffentlichkeit und im Rathaus – zuhören, austauschen und lösungsorientiert diskutieren mit den Menschen und Institutionen in der Gemeinde.


In den folgenden Jahren gab es viele Herausforderungen:

Insolvenz der Kurgesellschaften in Bad Grund

Weitaus problembehafteter waren die Insolvenzen der beiden damaligen Kurgesellschaften in Bad Grund und die schwierige Diskussion um den Fortbestand des Kurbetriebs in der Bergstadt. Damals war nicht im Entferntesten abzusehen, dass der Kurort heute über zwei staatliche Anerkennungen „Ort mit Heilstollenkurbetrieb“ und „Heilklimatischer Kurort“ verfügen würde. Dank des Engagements zahlreicher Akteure gewinnt der Tourismus für Bad Grund wieder zunehmend an Bedeutung. Die Gemeinde leistet ihren finanziellen Beitrag, der angemessen und verhältnismäßig ist.

Es bleibt zu hoffen, dass insbesondere die vom Kurbetrieb und vom Tourismus lebenden Betriebe die Corona-Krise hinter sich bringen und bald wieder durchstarten können.

Ein Niederschlag – die insolvenzbedingten Betriebsschließungen von „Mende“ und „FUBA“

Zwischen 2006 und 2009 gab es nach der Einstellung des Bergbaus in Bad Grund im Jahre 1992 die wohl schwärzeste Zeit für viele der damaligen Beschäftigten bei Mende und FUBA. Mehrere Hunderte Menschen verloren ihren Arbeitsplatz und mussten sich mit ihren Familien die sorgenvolle Frage stellen, wie es weitergehen würde. Auch die Kommune war durch Verluste von Steuereinnahmen betroffen und musste befürchten, dass zukünftig leerstehende Industriegebäude das Ortsbild prägen würden. Auch wenn heute nur ein geringer Teil der damals vorhandenen Arbeitsplätze neu geschaffen worden ist, sind die betrieblichen Liegenschaften doch weitestgehend einer nachhaltigen Folgenutzung zugänglich gemacht worden. Auch die im Gesamtvergleich unauffälligen Arbeitslosenzahlen lassen darauf schließen, dass die von den Insolvenzen betroffenen Beschäftigten Anschlussbeschäftigungen finden konnten.

Die Schließung der Grundschule in Bad Grund – auch ein emotionaler Konflikt

Eine besondere Herausforderung für Eltern, Schüler*innen, Lehrpersonal, Rat und Bürgermeister waren die Beratungen und Diskussionen, die dem Beschluss der Schulschließung im Jahr 2015 vorausgegangen waren. Die Positionen und Interessenlagen waren so unterschiedlich, dass auch sachliche Beweggründe nicht immer zu überzeugen wussten – absolut verständlich, war die Grundschule für die Bad Grundner*innen doch auch ein wichtiger Teil ihrer örtlichen Infrastruktur und verbunden mit vielen Erinnerungen. Die seinerzeit angepasste Grundschulstruktur – bewirkt durch Demografie bzw. deutlich zurückgegangene Schüler*innenzahlen – bewährt sich heute in bemerkenswerter Weise. Klassenstärken und Lehrer*innenversorgung gewährleisten einen zeitgemäßen Schulbetrieb. Und die Gemeinde als Schulträger kann beispielsweise die Fördermittel für den inklusiven bzw. barrierefreien Ausbau, für die Digitalisierung oder die für eine Ganztagsbetreuung bereitzustellenden Einrichtungen sehr viel effizienter einsetzen, als es mit einem weiteren größeren Schulgebäude möglich gewesen wäre.

Umwandlung - Zukunftsvertrag - Haushaltskonsolidierung

Eine einzigartige Erfolgsgeschichte

Die gemeindliche Finanzlage ist das maßgebliche Einflussmoment für kommunale Selbstverwaltung, nachhaltiges Handeln und Zukunftsfähigkeit für das öffentliche Gemeinwesen. Rückblickend auf die Zeit meiner ersten Amtsjahre lag das Defizit der ehem. Samtgemeinde und ihrer Mitgliedsgemeinden bei zeitweise rd. über minus 2,0 Mio. €/Jahr. Der Bestand der Kassenkredite lag zu Spitzenzeiten bei rd. minus 18 Mio. €.

Nach vorausgehenden Verhandlungen mit Landkreis und Land sowie umfänglicher Öffentlichkeitsarbeit konnte ich den Räten im Jahr 2011 eine Beschlussempfehlung vorlegen, die unter der Voraussetzung einer Umwandlung der ehem. Samtgemeinde in die heutige Gemeinde Bad Grund (Harz) eine Entschuldung seitens des Landes in Höhe von rd. 12. Mio. € mit sich bringen würde. Mit deutlichen Mehrheiten sind die Räte seinerzeit dem von mir aufgezeigten Weg gefolgt; der sogenannte Zukunftsvertrag konnte geschlossen werden; die Samtgemeinde wurde 2013 in die Gemeinde Bad Grund (Harz) umgewandelt.

Neben weiteren Finanzzuweisungen u. a. für Investitionen in den Brandschutz oder in die kommunalen Liegenschaften konnten mit dem Umwandlungsprozess zusätzliche finanzielle Synergien erschlossen werden. Verglichen mit der Finanzlage vor 20 Jahren stelle ich heute unumwunden fest, dass die Gemeinde Bad Grund mit dem Zukunftsvertrag ihre „Erfolgsgeschichte“ geschrieben hat.

Beleg für die finanzielle Wirkung sind ein ausgeglichener Haushalt und ein von 18 Mio. € auf deutlich 7,7 Mio. € zurückgeführter Kassenkreditbestand. Ein maßgeblicher Effekt ergibt sich auch aus Gewerbesteuereinnahmen, die sich allein in der Zeit von 2013 mit 0,97 Mio. € bis 2019 auf rd. 1,8 Mio. Euro nahezu verdoppelt haben - ein Zeichen auch für den wirtschaftlichen Erfolg unserer hiesigen Unternehmen und Betriebe, ist doch der gemeindliche Hebesatz in dieser Zeit nicht angehoben worden.

Bad Grund war seinerzeit eine der ersten Kommunen, die mit dem Land über einen Zukunftsvertrag verhandeln konnte. Etliche Kommunen in der unmittelbaren Nachbarschaft sind diesem Beispiel gefolgt, können sich aber bei weitem nicht mit der Bilanz Bad Grunds vergleichen oder bewegen sich nach wie vor in finanziell schwieriger Situation. Zu betonen ist auch, dass anders als in anderen Kommunen hier lediglich eine maßvolle Anhebung der Realsteuer-Hebesätze zur Zielerreichung des Zukunftsvertrags herangezogen werden musste.

Selbst in den schweren Zeiten der Corona-Krise, die bereits in zahlreichen kommunalen Haushalten für starke Einbrüche gesorgt hat, zeigt sich die Haushaltslage der Gemeinde als sehr robust. Allerdings liegen einige Corona bedingten Belastungstests noch vor uns.

Seit Beginn der beschriebenen „Erfolgsgeschichte“ entwickelt sich die neu gebildete Gemeinde Bad Grund hin zu einer selbstbewussten, Beispiel gebenden Kommune, die in der Außenwirkung einen eindrucksvollen Imagewandel vollziehen konnte. Der Umwandlungsprozess machte andere Samtgemeinden neugierig – für mich die Gelegenheit, den Prozess dort vorzustellen und als „Blaupause“ zu vermitteln – ; das Ansehen bei kommunalen Partnern, der Kommunalaufsicht und Landesministerien nahm auch angesichts der reibungslos umgesetzten Umwandlung und der früher als erwartet eingetretenen Konsolidierungserfolge stetig zu.


Fördermittel-Akquise – „gewusst wie“

Zahlreiche Projekte hauptsächlich im Baubereich der Gemeinde wären ohne die erfolgreiche Beantragung von Fördermitteln nicht umsetzbar gewesen. Vor allem im Straßenausbau haben die Fördermittel mit bis zu annähernd 75 % auch die in der Kritik stehenden Straßenausbaubeiträge deutlich reduziert. Das breite Spektrum an Programmen und Richtlinien auf Kreis-, Landes- bis hin zur Bundes- und EU-Ebene erfordert eine ständige Beobachtung und einen geübten Einblick in die oftmals komplexen Förderbedingungen. Hier einige Beispiele:

Förderprogramm „Dorferneuerung/Dorfentwicklung“
Wittestift
Wittestift

Sanierung des gemeindeeignen Wohnhauses „Wittestift“ in Teichhütte

DGH Willensen - Fassade, Spielplatz und Außengelände

Straßenausbau „Johannisborn“ in Badenhausen, „Mühlenbeu“ in Eisdorf, „Hammenser Straße“ in Willensen oder „Liesenbrink“ in Teichhütte

Mühlenbeu
Ausbauergebnis „Mühlenbeu“ in Eisdorf – deutlich geringere Anliegerbelastung dank ausgezeichneter Förderquote.
LEADER – mit fast 0,5 Mio. Euro ein Glückfall für die Gemeinde

„Innenentwicklungsmanagement Bergstadt Bad Grund“

barrierefreies Gemeindezentrum Gittelde

Minigolfanlage Bad Grund

Projektierung Spielplatzwanderweg Bad Grund

Platzgestaltung „Quisisana“ in Bad Grund

Projekte der Vereine „Dorfgemeinschaft, Leben und Wohnen Eisdorf/Willensen“ und „Mobiles Eisdorf“

Minigolf
Viele waren schon hier: neue Minigolf-Anlage „Am Atrium“ in Bad Grund.
Kommunalinvestitionsprogramme

Energetische Maßnahmen (Heizungssanierungen, Blockheizkraftwerke, Gebäudedämmung, Innenbeleuchtung Schulen und Turnhallen, LED-Straßenbeleuchtung)

barrierefreies bzw. inklusives Grundschulgebäude und Außenschulhof am Standort Gittelde

KiTa-Krippenanbauten

Gemeindeverkehrswege-Finanzierung

„Abgunst“

„Hilfe Gottes“

„Schlesierstraße“

„Schurfbergstraße“

Zuweisungen für besondere Gemeindeaufgaben – mit 1,5 Mio. Euro deutliche Wertschätzung für den ehrenamtlich getragenen Brandschutz

Drehleiter-Fahrzeug mit modernster Ausstattung

FW-Fahrzeug für die Wehr in Gittelde

Neubau eines Feuerwehrhauses für die Stützpunktwehr Bad Grund

FWW
Freiwillige Feuerwehr in Bad Grund - mittig im Bild das Drehleiter-Fahrzeug.

Bevölkerungsrückgang – (k)ein Kampf gegen Windmühlen

Der Einwohnerrückgang und die Verschiebung der Altersstruktur sind demografische Veränderungen, die bekanntermaßen auch Kommunen in Südniedersachsen zu schaffen machen.

Wenn auch heute die Einwohnerzahl in der Gemeinde noch leicht rückläufig ist, so scheinen doch die jährlichen Verlustraten von teils über 100 Einwohnern hinter uns zu liegen. Im Jahresverlauf 2020 liegt der Rückgang bei lediglich 27 Einwohner*innen. Auffällig sind einerseits ein noch fortwährendes Geburtendefizit (Vergleich Geburten/Todesfälle) und andererseits ein seit Jahren wahrzunehmender Wanderungsgewinn (Vergleich Zuzüge/Wegzüge). Ursächlich mögen die ausgewiesenen Baugebiete, günstige Baulandpreise oder moderate Mieten sein. Auch die Preise für Wohngebäude ziehen wieder spürbar an, was für eine entsprechende Anziehungskraft spricht.

Eine zeitgemäße Schullandschaft und eine verlässliche frühkindliche Betreuung in den Kindertagesstätten – Bad Grund war eine der ersten Gemeinden mit Ganztagsschule und Krippenbetreuungsangeboten – erzielen ebenfalls positive Wirkung bei jungen Familien. Auch junge Menschen, die in der Gemeinde groß geworden sind, schätzen mehr und mehr ihr Zuhause als zukünftigen Wohnraum. Nicht zuletzt sind auch die Willkommenskultur, die Vereinslandschaft und das vielfältige Miteinander unter Einbeziehung aller Generationen wichtige Bausteine für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung.

Ich bin überzeugt davon, wenn wir weiterhin die positiven Einflussfaktoren stützen, lässt sich in absehbarer Zeit der negative Bevölkerungstrend umkehren. Eine besondere Rolle wird hier auch die Verstetigung des „Innenentwicklungsprojekts Bergstadt Bad Grund“ spielen, das als „Best Practice“ unbedingt auf das Gemeindegebiet ausgedehnt werden muss.


Harald Dietzmann