Der SPD-Unterbezirk Göttingen hatte nach Dransfeld zum Parteitag eigeladen. Der Ortsverein Bad Grund war hierzu mit eigener Delegation angereist und ist im Unterbezirk künftig weiterhin bestens vertreten.

von Florian Panknin


"Demokratie verteidigen - Demokratie leben - Menschen erreichen"

Unter diesem Motto fanden sich die von ihren Ortsvereinen entsandten Delegierten in der Stadthalle Dransfeld zum Parteitag des Unterbezirks Göttingen ein. Mitarbeiter des Unterbezirks um Frederick Roth und Kerstin Jordan nahmen die Delegationen in Empfang. Als Neuerung wurden die Wahlen im digitaler Form durchgeführt. Neben ihren Unterlagen und Ausweisen erhielten die Delegierten also auch ein "Tablet" überreicht. Hierzu gab es später eine kurze technische Einweisung, sodass die Wahlen von allen Anwesenden ohne Schwierigkeiten und ungehindert durchgeführt werden konnten.

Für den Ortsverein Bad Grund nahmen als Delegierte Barbara Lex, Olaf de Vries, Joachim Schumacher, Mario Teuber und Florian Panknin teil. Eine weitere Delegierte fiel aufgrund eines Krankheitsfalles in der Familie kurzfristig aus.

Den Parteitag eröffnete sodann Dr. Andreas Philippi, der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks und Niedersächsische Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung. Er schwor die Delegierten auf einen wichtigen Parteitag ein und beschrieb, dass nach den zeitlichen Verzögerungen in der Corona-Pandemie der nun stattfindende Parteitag dafür sorge, dass man wieder "im alten Rhythmus" sei und parallel zu den Parteitagen von Bezirks- und Landes-SPD tagen werde. Dies vereinfache die Aufstellung und Entsendung von Delegierten und Vertretern in die übergeordneten Gliederungen.

Marcel Riethig, Landrat des Landkreises Göttingen

Unsere Demokratie ist "under fire"

Marcel Riethig, Landrat des Landkreises Göttingen, sprach ein Grußwort. In seiner inspirierenden Rede beschrieb er, dass unsere Demokratie Errungenschaft und keine Selbstverständlichkeit sei. Sie befinde sich "under fire" ("unter Feuer"). Umfragen zeigten, dass eine Partei Zuspruch erhalte, die schon die wesentlichste Grundlage unseres Staates, nämlich Artikel 1 unseres Grundgesetzes ("Die Würde des Menschen ist unantastbar") nicht teile. Dennoch wolle nahezu jeder 4. Wahlberechtigte diese Partei wählen. Kritisch hierbei sei, dass niemand dieser Partei zutraue, eine wirkliche Alternative zu sein. Die Unterstützung bringe vielmehr zum Ausdruck, dass große Unzufriedenheit mit dem Zustandes des Landes bestehe.

Marcel Riethig beschrieb die SPD als Partei, welche stets den Staat und seine Institutionen getragen habe. Sie sei die Partei, die sich stets für de Beseitigung gesellschaftlicher Missstände eingesetzt habe.

"Bei aller Freude darüber, was läuft, dürfen wir nicht übersehen, dass wir in vielen gesellschaftlichen Bereichen die Früchte der Vergangenheit ernten, aber zu wenig Samen für die Zukunft sähen.", so Riethig weiter.

Wesentlichen Handlungsbedarf sehe er - auf allen politischen Ebenen - bei der Bürokratie. Diese müsse dringend abgebaut, die Regelungsdichte verringert werden. Niemand wolle noch mehr Regelungen und dennoch würden zunehmend und an den tatsächlichen Gegebenheiten vorbei Vorschriften erlassen, welche nötige Maßnahmen erschwerten und verzögerten.

Riethig zitierte die Wirtschaftsweise Frau Prof. Malmendier: "Wir stellen in unserem Land die Planbarkeit für den Staat über die Planbarkeit für die Wirtschaft. Aber der Staat schafft nur den Rahmen für unseren Wohlstand, den wir in der Wirtschaft erarbeiten."

Gesetze und Vorschriften müssten wieder werden, was sie ursprünglich sein sollen: Klare Regelungen mit eindeutiger Zielsetzung. Ein "Wünsch-Dir-Was" dürfe nicht in Gesetzesform gebracht werden. Und davon gebe es leider gerade zu viel.

Marcel Riethig appellierte an die SPD: "Wir müssen der Realität ins Auge blicken, wenn wir eine richtig starke Partei in Deutschland und in Niedersachsen sein wollen. Es reicht nicht einfach nur unsere Politik besser erklären zu wollen. Damit werden wir nicht erfolgreich sein. Wir müssen etwas ändern wollen, weg vom Wünsch-Dir-Was mehr zu handwerklich guter und kluger Arbeit." Sein Vorschlag: Eine Bürokratie-Regelungs-Bremse.

Riethig zeigte sich abschließend überzeugt, es müsse ein Ruck durch die SPD und Deutschland gehen. Wenn an vielen Orten, viele Menschen hier mit gestalteten, könne es gelingen. Es brauche den Mut zum Machen.

Dr. Thorsten Heinze, Fraktionsvorsitzender SPD-Kreistagsfraktion Göttingen

Dem Rechtspopulismus entschlossen entgegentreten

Dr. Thorsten Heinze, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Göttinger Kreistag berichtete aus der Arbeit seiner Fraktion. Auch in der kommunalen Ebene sehe er die Rechtspopulisten als Risiko für die Demokratie. Durch hetzerische aber nicht inhaltlich zielführende Anträge und Beiträge im Kreistag versuchten die Rechtspopulisten die übrigen Fraktionen aus der Reserve zu locken.

Heinze zeigte sich erfreut, dass nicht nur die SPD-Fraktion mit den Grünen als ihrem Gruppenpartner sondern auch die übrigen Fraktionen dem Ansinnen der Rechtspopulisten entschlossen entgegenträten. Mit Fakten und Sachlichkeit könne man diesen Einhalt gebieten und den Wählerinnen und Wähler aufzeigen, dass diese Partei eben keine Alternative darstelle, sondern lediglich versuche, die Gesellschaft zu spalten.

Bernd Lange, Mitglied des Europäischen Parlaments
Bernd Lange, MdEP, Vorsitzender des Internationalen Handelsausschusses des Europäischen Parlaments sowie derzeitiger Vorsitzender der Konferenz aller EP-Ausschussvorsitzenden

Die Werte Europas gegen Nationalismus verteidigen

Bernd Lange, Abgeordneter im Europäischen Parlament, rundete die Grußworte ab. Er sprach sich leidenschaftlich für Freiheit und Demokratie in einem geeinten Europa aus. Was kommunal, auf Landes- und Bundesebene erkennbar sei, stelle auch eine Gefahr für Europa dar: In vielen Ländern erkenne man ein Erstarken nationalistischer Parteien. Diesem Ansinnen müsse Einhalt geboten werden. Aber dies könne nur durch gute Sachargumente geschehen. Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament stünden hier geeint und träten der Bedrohung entgegen.

Auch sehr konkrete Forderungen und Pläne für eine soziale Politik in Europa trug Bernd Lange vor. Es bedürfe endlich der Umsetzung von Mindestlöhnen auch für so genannten Plattformbeschäftigte. Unter Plattformarbeit versteht man Dienstleistungen, die über web-basierte Plattformen vermittelt oder erbracht werden. Beschäftigte zählen hier oftmals als Selbstständige und haben dann keinen Anspruch auf die Zahlung von Mindestlohn. Diese Praxis müsse beendet werden. Lange dazu: "Plattformbeschäftigte müssen endlich als das behandelt werden, was sie eigentlich sind: Abhängig Beschäftigte."

Dr. Andreas Philippi, Niedersächsischer Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Göttingen

Die Botschaft der SPD wird künftig klarer

Dr. Andreas Philippi trat hiernach erneut an das Rednerpult und legte den Rechenschaftsbericht des Unterbezirksvorstandes für die vergangenen Monate vor.

Er stellte zudem den Leitantrag des Unterbezirks vor, dessen Titel Namensgeber für den gesamten Parteitag war: "Demokratie verteidigen - Demokratie leben - Menschen erreichen".

Die SPD im Unterbezirk finde Handlungsfelder sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum vor. Sie müsse hierzu einen einheitlichen Markenkern aufbauen, um den Menschen ihre Standpunkte deutlich zu vermitteln. Es gelte, gleiche Lebensbedingungen in Stadt und Land zu ermöglichen und ein Auseinanderdriften dieser von ihrer Infrastruktur sehr unterschiedlichen Lebensräume zu verhindern.

Die SPD müsse sich zum Ziel machen, die Gesellschaft als Ganzes abzubilden. Dies gestalte sich in einer zunehmend pluralistischen und heterogenen Bevölkerung als neue Herausforderung. Philippi hierzu: "Aufgabe der SPD ist es, durch ihre Politik sozialen Zusammenhalt zu schützen und aufzubauen."

Philippi kam schließlich auch auf die gegenwärtigen Konflikte in der Welt zu sprechen. Ihn mache sehr betroffen, Berichte über den aufflammenden Konflikt zwischen Israel und Palästina zu hören. Man drohe bei der laufenden Berichterstattung über eine Mehrzahl von Kriegen und Konflikten abzustumpfen. Dies dürfe man sich jedoch als Gesellschaft nicht erlauben: Krieg dürfe niemals als normal akzeptiert, Berichte über Waffenlieferungen niemals als Tagesgeschehen wahrgenommen werden.

Das Präsidium des Unterbezirksparteitages, rechts im Bild: Mario Teuber, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Bad Grund (Harz)
Das Präsidium des Unterbezirksparteitages, rechts im Bild: Mario Teuber, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Bad Grund (Harz)

Neuwahlen des Unterbezirksvorstandes

Neben diesen eindringlichen Redebeiträgen standen eine Vielzahl von Sachthemen auf der Tagesordnung. Souverän durch den Parteitag führte hierbei das Präsidium unter Alexander Saade. Er wurde unterstützt von Bärbel Diebel-Geries und Karin Weber-Klatt sowie Mario Teuber als Schriftführer.

Dr. Andreas Philippi nimmt die Wahl zum Vorsitzenden des SPD-Unterbezirks Göttingen an

Die Delegierten wählten einen neuen Unterbezirksvorstand. Der Unterbezirk wird künftig organisiert und geleitet von:

  • Dr. Andreas Philippi - Vorsitzender
  • Bärbel Diebel-Geries - stellv. Vorsitzende
  • Gerd Hujahn - stellv. Vorsitzender
  • Dr. Dagmar Schlapheit-Beck - stellv. Vorsitzende
  • Sören Steinberg - stellv. Vorsitzender
  • Mario Teuber - stellv. Vorsitzender
  • Mathias Eilers - Finanzbeauftragter
  • Andreas Klatt - Schriftführer
  • Frauke Bury - Bildungsbeauftragte

Weiterhin wurden die Beisitzer und Beisitzerinnen neu gewählt, die Schiedskommission besetzt und neue Revisoren benannt.

Für die übergeordneten Gliederungen waren Delegierte zu wählen oder als Kandidaten zu nominieren. Der Ortsverein Bad Grund ist mit seinem Vorsitzenden Mario Teuber stark vertreten. Er wurde benannt als Delegierter für den Bundesparteitag, für den Landesparteitag und gemeinsam mit Florian Albrecht, Holger Diener und Sevcan Mackensen für den Bezirksparteitag. Für den Bezirksbeirat wurde Mario Teuber ebenfalls gewählt.

Jusos gestalten Politik des Unterbezirks aktiv mit

Eine Mehrzahl der im Verlauf des Parteitages diskutierten Anträge stammten aus der Feder der Jusos im Unterbezirk. Die Anträge waren thematisch breit aufgestellt und gut vorbereitet. Inhaltlich betrafen sie unter andrem den Breitbandausbau, die Gründung einer europäischen Versammlung für die Demokratisierung Europas, Kita-Plätze und Politische Bildung an Schulen, Religionsunterricht war ebenso Thema wie Migrationspolitik.

Der Austausch zu den Anträgen verlief sachlich und konstruktiv. Mehrere Anträge konnten trotz anfänglicher Skepsis der Delegierten gemeinsam mit den Antragstellern in einen tragfähigen Kompromiss verwandelt werden. Die Delegierten schufen gemeinsam die Grundlage für die weitere politische Arbeit des Unterbezirks.

Gerade die Antragsberatung und -beschlussfassung stellte unter Beweis, wie handlungsfähig eine Partei ist, deren Mitglieder trotz ihrer Unterschiede nach einem gemeinsamen Wertekanon handeln.

Zusammenfassung

(tl:dr) Der Parteitag des SPD-Unterbezirks war sehr gut organisiert. Die Abstimmungen in digitaler Form beschleunigten und vereinfachten die Abläufe und ließen mehr Zeit für inhaltliche Diskussionen. Die Grußworte der Gäste waren mitreißend und zogen die Anwesenden in Ihren Bann. Der Unterbezirk hat sich mit seinem neuen Vorstand personell gut für die Zukunft aufgestellt. Mit gut durchdachten Anträgen und einem fairen Austausch hierzu erarbeitete der Unterbezirk sich starke Positionen. Die Jusos hatten großen Anteil an einer lebhaften und konstruktiven Debatte und brachten eine Mehrzahl der Anträge ein.